Das ist ein Bild aus New York. Ich habe es gemacht, als ich vor zwei Jahren für einige Wochen dort war. Es war eine gute Zeit – das sehe ich, wenn ich mir die Bilder von damals anschaue. Es war Frühling, so wie jetzt. Und doch sind es Bilder wie aus einem anderen Zeitalter. Das wurde mir besonders klar, als ich vor kurzem einen Text von Marie Pohl las. Sie lebt in New York und erzählt, wie sie ihre Stadt in den letzten Wochen erlebt hat.
Als ich dann durch Zufall vor ein paar Tagen den Brecht/Weill-Song “Wovon lebt der Mensch” aus der Dreigroschenoper in einer Version von Tom Waits gehört habe, dachte ich, das gehört alles zusammen …
Und hier das Original, 1958 gesungen von Lotte Lenya:
Das ist der Halbgott Tantalos. Die Götter mochten ihn, weil er so klug war und luden ihn zu sich ein. Er feierte mit ihnen, wurde jedoch schnell übermütig, prahlte und klaute ihnen Nektar und Ambrosia, die ihnen Unsterblichkeit verliehen. Bei einer Gegeneinladung setzte Tantalos den Göttern seinen eigenen Sohn Pelops als Mahl vor, um ihre Allwissenheit auf die Probe zu stellen. Die Götter bemerkten den Betrug jedoch, verstießen den Frevler und verfluchten ihn und seine Familie. Jeder seiner Nachfahren solle künftig ein Familienmitglied töten und weitere Schuld auf sich laden.
Aus der ganzen verfluchten Geschichte hat das Sprechkunst-Kollektiv Dlé (bestehend aus Kemo, Jackson Mehrzweck und Jaques Tabaqu) vor ein paar Jahren ein betörend schönes HipHop-Werk geschaffen.
Das ist ein Cartoon von Rube Goldberg. Er erfand den Erfinder Professor Lucifer Gorgonzola Butts, welcher die kompliziertesten Apperaturen konstruierte, um einfachste Tätigkeiten zu verrichten. Diese wiederum inspirierten den New Yorker “Kinetik-Künstler” Joseph Herscher dazu, selbst Maschinen zu bauen, die “so absurd und nutzlos wie möglich” sein sollten …
In etwas größerem Format wurde eine Rube-Goldberg-Maschine im Video der amerikanischen Band OK Go nachgebaut, und zwar von der “Liga der außergewöhnlichen Nerds” (Syynlabs).
(Der Titel des Songs THIS TOO SHALL PASS passt übrigens auch gerade sehr schön).
Das ist Masha Qrella. Sie ist eine Künstlerin, die es vermag, Dunkelheit und Melancholie in leuchtende Musik zu legen. Das hat sie mit ihren eigenen Songs getan, und das tut sie jetzt auch mit den Texten von Thomas Brasch. Wenn man seine Gedichte kennt, kann man sich oft nicht vorstellen, dass und wie sie vertont werden könnten. Masha hat es getan, und es “funktioniert” nicht nur, sie gibt dieser Poesie zudem einen ganz eigenen Raum, ohne sie darin einzusperren. WOANDERS heißt ein Abend mit diesen Songs und Räumen. Neben ihrer Band (Chris Imler und Andreas Bonkowski) sind als Gäste dabei: Tarwater, Dirk von Lowtzow, Andreas Spechtl und ich.
Im Dezember war Premiere im HAU, vier Abende ausverkauft. Im März gibt es zwei Vorstellungen in Wien. (Leider abgesagt und auf Januar oder Februar verschoben)
Das ist eine Liste mit 33 “guten Vorsätzen”, erstellt vom Folksänger Woody Guthrie am 1. Januar 1943. Sie umfasst Körperhygiene (Zähne putzen, so vorhanden), Arbeitsroutinen (Jeden Tag einen Song schreiben), politische Aktivitäten (Beat Fascism) und seelische Verfasstheit (Hoffnungsmaschine am Laufen halten). Wenn man auf das Bild klickt, wird es etwas größer, aber ich hab die 33 Punkte hier unten auch nochmal aufgeschrieben:
1. Work more and better
2. Work by a schedule
3. Wash teeth if any
4. Shave
5. Take bath
6. Eat good — fruit — vegetables — milk
7. Drink very scant if any
8. Write a song a day
9. Wear clean clothes — look good
10. Shine shoes
11. Change socks
12. Change bed cloths often
13. Read lots good books
14. Listen to radio a lot
15. Learn people better
16. Keep rancho clean
17. Dont get lonesome
18. Stay glad
19. Keep hoping machine running
20. Dream good
21. Bank all extra money
22. Save dough
23. Have company but dont waste time
24. Send Mary and kids money
25. Play and sing good
26. Dance better
27. Help win war — beat fascism
28. Love mama
29. Love papa
30. Love Pete
31. Love everybody
32. Make up your mind
33. Wake up and fight
Das ist Tom Waits. Heute wird er siebzig, da werden Internet und Presse vermutlich voll sein mit Huldigungen. Deshalb schreibe ich mal lieber nicht so viel, obwohl ich auch schon sehr lange gerührt und bewegt bin von diesem Mann. Ich klebe da unten einfach ein paar Sachen rein, die ich gut finde. Viel Spaß.
Das ist eine Skizze von Jim Henson. Der Entwurf für eine Puppe, die in einem Sketch auftreten soll, der in die Geschichte eingehen wird. Das war vor fünfzig Jahren (27. November 1969) in der Sesamstraße und ging so:
In einer späteren Version von 1976 treten die Zwillingsmonster The Snowths als Background-Sänger auf, und der gemaßregelte Solist wird am Ende gänzlich die Nerven verlieren:
1996 spielt Sandra Bullock in einer Episode der Muppet Show eine Psychiaterin, die sich eines Problems von Kermit annimmt. Er glaubt, seltsame Kreaturen zu sehen, wenn er das Wort “Phänomene” sagt.
Und hier schließlich das italienische Original aus dem Jahr 1968. Das Lied gehört zum Soundtrack des italienischen Films SCHWEDEN – HIMMEL UND HÖLLE.
Das ist Nick Drake. Das Foto wurde aufgenommen als sein erstes Album FIVE LEAVES LEFT erschien. Das war auf den Tag genau vor fünfzig Jahren. Nick Drake war damals 21 Jahre alt und ahnte vermutlich nicht, dass der Titel der Platte fünf Jahre später durch seinen Tod zu einem fatalen Gleichnis werden würde. Ob selbsterfüllende Prophezeiung oder herbeigeredeter Mythos – gut, dass es diesen wundervollen Künstler gab.
Hier unten ein Song vom Album und darunter die Doku A STRANGER AMONG US.
Das ist Erik Satie. Der Franzose war nicht nur Komponist, Pianist und Minimalist, sondern auch ein begnadeter Exzentriker und Scherzkeks. Vor über 100 Jahren zum Beispiel schrieb er in seinen Mémoires d’un amnésique (Memoiren eines Gedächtnislosen): “Jeder wird Ihnen sagen, ich sei kein Musiker. Das stimmt. Schon zu Beginn meiner Laufbahn … habe ich mich zu den Phonometrographen, den Schallmessern gezählt.” An anderer Stelle informiert er uns sehr detailliert über seine täglichen Verrichtungen:
“Der Künstler muss sein Leben einteilen. Hier der genaue Zeitplan meiner täglichen Beschäftigungen:
Aufstehen: Um 7.18 Uhr. Inspiration: von 10.23 bis 11.47 Uhr. Ich nehme mein Mittagessen um 12.11 Uhr ein und stehe um 12.14 Uhr vom Tisch auf. Ersprießlicher Ausritt in den Tiefen meines Parks: von 13.19 bis 14.53 Uhr. Erneute Inspiration: von 15.12 bis 16.07 Uhr. Verschiedene Beschäftigungen (Fechten, Meditation, Reglosigkeit, Besuche, Betrachtungen, Geschicklichkeitsübungen, Schwimmen, etc.): von 16.21 bis 18.47 Uhr. Das Abendessen wird um 19.16 Uhr serviert und ist um 19.20 Uhr beendet. Es folgt symphonische Lektüre, laut vorgetragen: von 20.09 bis 21.59 Uhr. Das Schlafengehen erfolgt regelmäßig um 22.37 Uhr. Einmal wöchentlich schreckhaftes Auffahren um 3.19 Uhr (am Dienstag). Ich esse nur weiße Lebensmittel: Eier, Zucker, geriebene Knochen, Fett von toten Tieren, Kalbfleisch, Salz, Kokosnüsse, in Milchwasser gekochtes Huhn, das Schimmlige von Früchten, Reis, weiße Rüben, Weißwurst mit Kampfer, Teigwaren, (Weiß-)Käse, Salate von Watte und gewissen Fischen (nicht die Haut). Ich koche meinen Wein und trinke ihn kalt mit Fuchsiensaft. Ich habe einen guten Appetit, doch aus Angst vor dem Ersticken spreche ich nie während des Essens. Ich atme mit Bedacht (wenig auf einmal). Ich tanze sehr selten. Beim Gehen halte ich mir die Rippen und blicke starr hinter mich. Ich sehe sehr ernsthaft aus, und wenn ich lache, geschieht es unabsichtlich. Ich entschuldige mich stets dafür, und mit Leutseligkeit. Ich schlafe nur mit einem Auge, mein Schlaf ist sehr hart. Mein Bett ist rund und hat ein Loch, um den Kopf durchzustecken. Jede Stunde nimmt mir ein Diener die Temperatur und tauscht sie gegen eine andere. Seit langem habe ich eine Modezeitschrift abonniert. Ich trage eine weiße Mütze, weiße Strümpfe und eine weiße Weste. Mein Arzt hat mir immer das Rauchen empfohlen. Er fügt seinem Ratschlag hinzu: Rauchen Sie, mein Freund, sonst wird es ein anderer an Ihrer Stelle tun.”
Und nun: Drei Stücke in Form einer Birne (Trois morceau en forme de poire).
Das ist Willy de Ville. Es ist etwa zehn Jahre her, dass er im Berliner Admiralspalast-Studio von Radioeins war, um über sein Album PISTOLA zu sprechen. Es sollte seine letzte Platte und auch eines seiner letzten Interviews sein, denn wenige Wochen später, am 6. August 2009 starb er mit nur 58 Jahren. Als er bei uns im Studio war, sah man ihm die Krankheit schon an, doch er war gut drauf. Und so redete er über seltsame Zufälle (sein Freund und Produzent Jack Nitzsche starb an einem 25. August, was nicht nur der Todestag seines entfernten Verwandten Friedrich Nietzsche sei, sondern auch Willy de Villes Geburtstag), er redete über New Orleans (das niemals sterben werde und das für ihn eine Frau sei), er redete über New York in den frühen 60er Jahren (dessen Wolkenkratzer für seinen indianischen Großvater hohe Berge mit vielen Feuern wären) und er redete über einen Mann namens Paul Siebel (gegen den Bob Dylan als Sänger nichts sei).