Das ist Tim Burton mit einem seiner ersten Filmcharaktere. Vincent ist sieben Jahren alt und anders als die anderen Kinder. Am liebsten sitzt er zu Hause, liest die Gruselgeschichten von Edgar Allen Poe und stellt sich vor, er sei ein Charakter aus einem Vincent Price-Film, der seinen Hund in ein Zombie verwandelt, im nächtlichen Londoner Nebel nach Opfern sucht, und dessen große Liebe lebendig begraben wird. Schließlich verfällt er dem Wahn und hält sich selbst für tot.
Vincent ist ein animiertes Gedicht, das von Vincent Price gesprochen wird.
Der Film entstand 1982 im Auftrag der Disney-Studios, für die Burton als Animator gearbeitet hat. Heute wird der Meister des poetischen Horrors 60 Jahre alt.
FLUGBLÄTTER
Das ist ein Flugblatt. Die Geschichte dazu geht so:
1968. Die Welt war aus den Fugen. Die Söhne rebellierten gegen ihre Väter. Auch in dem Teil der Welt, wo es einmal die Vision vom schönen weiten blauen Himmel mit der aufgehenden Sonne gegeben hatte. Hier war der Blick der Väter starr geworden. Sie hatten ihre Träume mit der Zeit gegen Parteiprogramme eingetauscht. Sie hatten aufgehört, ihrem eigenen Volk zu trauen und die Türen und Fenster vernagelt. Die Luft war mit der Zeit immer dicker und muffiger geworden.
Im Land nebenan passierte etwas. Dort machten sie plötzlich die Fenster auf und ließen frische Luft herein. Doch die Männer, die ihre Träume vergessen hatten, wollten das nicht dulden und schickten Panzer in das Land. Die Fenster wurden wieder verriegelt. Aus der Traum. Vorbei.
Mein ältester Bruder fand das schlimm, traf sich mit seinen Freunden und schrieb Flugblätter: »Hände weg vom Roten Prag.« Sie hatten nichts gegen den Sozialismus. Sie wollten ihn, aber nicht so.
Nachts verteilten sie die Flugblätter in Berlin und verabredeten, sich gegenseitig nicht zu verraten, wenn einer von ihnen verhaftet würde.
Kurzfilm von Lena Brasch und Antonia Lange
Nach einem Motiv des Romans Ab jetzt ist Ruhe (S. Fischer, 2012)
Musik: Jun Miyake „Lilies in the Valley“
DER TRAURIGSTE SONG DER WELT
Das ist Gary Jules. Er ist nicht besonders berühmt, hat nur drei Platten gemacht. Und der einzige Song, mit dem er bekannt wurde, war noch nicht einmal von ihm, sondern von Tears for Fears. Seine Coverversion von Mad World war der Filmsong für Donnie Darko (2001). Mad World ist in dieser Version (die Jules gemeinsam mit dem Filmkomponisten Michael Andrews aufgenommen hat) einer der traurigsten, einsamsten und schönsten Songs, die ich kenne. Gemacht für einen der faszinierendsten Filme, die ich kenne.
Das famose Paste Magazine hat ein Ranking der 50 traurigsten Songs aller Zeiten gemacht, da ist er auf Platz 17. So kam ich drauf.
Das Musikvideo ist von Michel Gondry.
Und hier noch der Filmtrailer zu Donnie Darko.
FAMILIE B. GEHT INS KINO
Bild: Leif Heanzo
Das ist meine Familie mit Großeltern, Eltern, vier Kindern und einem legendären Hund, den nur die wenigsten von uns persönlich kennenlernen durften. Im Dokumentarfilm Familie Brasch von Annekatrin Hendel wird er deshalb auch keine Rolle spielen. Dafür sind andere interessante Leute dabei wie Katharina Thalbach, Bettina Wegner, Christoph Hein, Ursula Andermatt und Florian Havemann.
Am 16. August kommt der Film ins Kino (Termine gibt’s hier).
Weiterführende Informationen:
Beitrag bei artour (MDR)
Seite der Regisseurin und Produzentin Annekatrin Hendel
KULENKAMPFFS SCHUHE
Das sind die Schuhe von Hans Joachim Kulenkampff. Wenn man genau hinschaut, bemerkt man, dass der Fernsehentertainer ein bisschen humpelt. Das liegt daran, dass er sich im Krieg an der Ostfront vier erfrorene Zehen selbst amputiert hat. Dies ist eine der Geschichten, die in dem Dokumentarfilm Kulenkampffs Schuhe erzählt wird. Erzählt wird auch von Hans Rosenthal und Peter Alexander und vom Vater der Filmemacherin Regina Schilling – ein Drogist im Rheinland, der aus dem Krieg zurückkehrte und nicht mehr derselbe war. Ein interessanter, berührender und verstörender Film (8. August, 22.30 Uhr, ARD). Danach in der Mediathek.
Weiterführende Information: Film-Website
DER ANFANG UND DAS ENDE VON ETWAS
Das ist ein Mann. Er sitzt im Zirkus und verliebt sich in die Schlangenfrau Magda. Jeden Tag geht er in ihre Vorstellung, bis sie sich eines Tages so sehr in ihrem Körper verknotet, dass sie sich nicht mehr befreien kann. Der Mann eilt ihr zur Hilfe und rettet ihr das Leben. Das Publikum applaudiert. Eine Sensation, über die die Zeitungen schreiben. Der Zirkusdirektor macht daraus eine Shownummer und engagiert den Mann, damit er der Schlangenfrau von nun an jeden Tag das Leben rette. Ein großer Erfolg. Und das Ende einer Illusion.
Dieser Trickfilm von Chel White basiert auf einer Geschichte, die der Radiomoderator Joe Frank in einer seiner legendären Shows erzählte (hier im Off zu hören). Joe Frank bediente sich bei seinen Radiogeschichten oft der Stream of Consciousness-Methode. Einer seiner Geschichten begann mit den Sätzen: „Manchmal habe ich das Gefühl, dass ich nicht wirklich existiere. Dass ich eine Figur im Roman von jemand anderem bin, und dass der an seinem Schreibtisch sitzt und sich mit dem Material meiner Geschichte beschäftigt. Aber er ist ja auch nur eine Figur im Roman eines anderen.“
Im Januar dieses Jahres starb Joe Frank, offenbar wird es einen Film über ihn geben …
Weiterführende Informationen:
Joe Franks Webseite
HEISSER SOMMER
Das ist ein Bild aus dem DEFA-Film Heißer Sommer, der vor ziemlich genau fünfzig Jahren in die DDR-Kinos kam. Fiel mir gerade so ein. Wegen Wetter und so …
TAXI DRIVER REVISITED
Das ist Paul Schrader. Er wird heute 72. Das Foto habe ich gemacht, als er neulich in einem New Yorker Arthaus-Kino seinen neuen Film First Reformed vorgestellt hat. Einen großartigen und verstörenden Film, der die Geschichte eines Pfarrers (Ethan Hawke) erzählt, der vom Glauben abfällt. Eine Art Widergänger von Travis Bickle aus Taxi Driver von Martin Scorsese, zu dem Schrader damals das Drehbuch geschrieben hat.
Auf die Frage, ob es Parallelen zwischen seinen Figuren und seinem Schöpfer gebe, sagte Paul Schrader damals im Kino: „He’s my guy but he’s not me.“
„First Reformed“ lief beim Filmfest München, mal sehen, ob er auch ins Kino kommt …
Weiterführende Informationen:
Pressekonferenz zum Film
SCHÖNER TRINKEN
Das sind Alexander Scheer und Steve Binetti. Der eine ist ein wundervoller Schauspieler, der andere ein begnadeter Musiker. Zusammen haben sie aus einem irischen Folksong über Raub, Verrat, Mord und Totschlag (und den Alkohol danach) eine schwerblütige Ballade gemacht, die im besungenen Getränk zu schwimmen scheint. Kann man hier hören und einkaufen.
Am 23.8. kommt übrigens der Film GUNDERMANN von Andreas Dresen ins Kino, da sieht und hört man Alexander Scheer in einer ganz anderen Rolle …
MÄRZ 2018
Eine Sekunde am Tag.